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Bevölkerungsschutz auf Modernisierungskurs

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe informiert über Bevölkerungsschutz innovativ

Bereits während der Starkregenfälle 2016 setzte das THW die Prototypen der Einsatzrettungsspinne testweise zur Hangsicherung in Bayern ein. (Foto: THW / Michael Matthes)

Neues Konzept, neue Technik, neue Einsatzkleidung: Das Technische Hilfswerk (THW) entwickelt die Potenziale des Bevölkerungsschutzes mit einem ganzheitlichen Ansatz weiter. Dabei baut das THW nicht nur seine Fähigkeiten aus, sondern fördert auch die Sicherheit der ehrenamtlichen Einsatzkräfte.

Die Bedrohungslage für Deutschland verändert sich – das hat der damalige Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière 2016 mit der Konzeption Zivile Verteidigung (KZV) deutlich gemacht. Neben Naturkatastrophen und Extremwetterereignissen werden Einsatzkräfte beispielsweise
häufiger ausrücken, wenn Kritische Infrastrukturen gestört sind oder biologische und chemische Stoffe freigesetzt werden. Infolge dieser veränderten Lage konzentriert das THW seine Fähigkeiten stärker auf die Bereiche „Bergen und Retten“, „Notinstandsetzung“, „Notversorgung“ sowie
„Planung und Organisation“. Dazu haben THW-Fachleute alle Einsatzaufgaben kleinteilig analysiert, überarbeitet und anschließend den verschiedenen Einheiten zugeordnet. Zum einen ändern sich Kernaufgaben, Tätigkeiten und Ausstattung bestehender Einheiten. Zum anderen ist zukünftig annähernd in jedem THW Ortsverband eine neue Fachgruppe für Notversorgung und Notinstandsetzung vorhanden. Diese Veränderungen basieren auf dem THW-Rahmenkonzept; einem Grundlagenpapier, das die Anforderungen der KZV auf das THW überträgt. Damit hat das THW bereits frühzeitig eine Richtschnur aufgespannt, um seine Einheiten und Einsatzkräfte fit für die Zukunft zu machen.

Mit Sicherheit sicher – dank neuer Technik

Unübersichtliche Hochwasserlagen, verheerende Brände, einsturzgefährdete Industrieanlagen – THW-Kräfte begeben sich oftmals in gefährliche Situationen, um anderen Menschen zu helfen. Diese Risiken möchte das THW unter anderem aus der Luft erkennen. Dazu sollen unbemannte Luftfahrtsysteme (ULfs) – umgangssprachlich Drohnen genannt – zum Zuge kommen. Mit vielfältigen Sensoren ausgestattet, werden ULfs einsatzrelevante Daten liefern, ohne dass sich Helferinnen und Helfer in Risikobereiche begeben müssen. Mit fachlicher Unterstützung der Facharbeitsgemeinschaft ULfs werden derzeit die erforderlichen Grundlagen finalisiert, um ULfs in die Stärke- und Ausstattungsnachweisung (StAN) des THW zu integrieren.

Dass Einsatzkräfte sich in Gefahrenbereiche begeben, lässt sich dennoch nicht vermeiden, wenn die Helferinnen und Helfer beispielsweise Personen in einsturzgefährdeten Gebäuden orten müssen. In solchen Fällen möchte das THW seine Einsatzkräfte ebenfalls besser schützen. Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) arbeitet das THW am Radar-Warn- und Informationssystem (RAWIS). Das System scannt den Einsatzbereich in der Fläche und kann Vibrationen in Wänden detektieren. So können Einsatzkräfte ihre Kameradinnen und Kameraden frühzeitig warnen, wenn Mauern oder Decken einzustürzen drohen.

Technische Innovationen können aber nicht nur die Sicherheit der Einsatzkräfte erhöhen, sondern zugleich die Fähigkeiten der THW-Einheiten stärken. Beispielsweise wird zukünftig ein Schreitbagger die Ausstattung der neuen THW-Fachgruppe Bergung Typ B bereichern (siehe auch Martin Zeidler: ERS, S. 5-9). Im Gegensatz zu herkömmlichen Ketten- oder Radbaggern kann der Schreitbagger – auch als Einsatzrettungsspinne bekannt – gefahrfrei an steilen Hängen arbeiten. Dazu bewegt er sich mit vier hydraulischen Stelzen fort, mit denen er Hindernisse bis zu einer Höhe von mehr als einem Meter überwindet und sein Gewicht flexibel ausbalanciert. Unwetterschäden in Hanglage zum Beispiel beseitigen die THW-Kräfte dank der Einsatzrettungsspinne somit effektiver und sicherer zugleich. Daher wird dieses Gerät im THW auch nicht primär als „Bagger“ sondern als hydraulischer Geräteträger eingesetzt.

Unzertrennliche Zwillinge: Kleidung und Komfort

Neue Aufgaben erfordern aktuelles Fachwissen. Mit einer Ausbildung, die auf die Anforderungen des THW-Rahmenkonzeptes zugeschnitten wird, versetzt das THW seine Helferinnen und Helfer in die Lage, sich auf die veränderte Gefährdungssituation einzustellen. Damit nicht genug: Denn das THW setzt sozusagen direkt an der Haut der THW Kräfte an. Seit 2015 entwickelt eine Projektgruppe neue Bekleidung für Einsatzkräfte. Die Fachleute haben dafür
sowohl die Erfahrungen der Ehrenamtlichen mit der aktuellen Bekleidung berücksichtigt als auch die möglichen Gefahren analysiert, die mit jedem einzelnen Handgriff einhergehen. So hat die Projektgruppe unter anderem herausgefunden, dass mangelnder Tragekomfort zu zusätzlichen Belastungen führt.

Kurzum: Die neue THW-Bekleidung soll leichter und bequemer sowie einheitlicher und flexibler zugleich werden. Das ganzheitliche Konzept umfasst daher Tagesdienstkleidung und Multifunktionsanzug. Dafür kommt das Zwiebelprinzip zum Tragen: Insgesamt fünf Lagen können THW Kräfte in Zukunft miteinander kombinieren – angefangen vom einfachen Funktionsshirt bis zum umfassenden Wetterschutz. Das Schichtsystem ermöglicht den Helferinnen und Helfern, ihre Bekleidung perfekt auf die Tätigkeiten und Witterungsverhältnisse abzustimmen. Nachdem der Weg vom Konzept zum Design mittlerweile beschritten ist, hat die Projektgruppe erste Muster anfertigen lassen, um zu überprüfen, wie Design und Material in der Praxis zusammenwirken.

Die Kernpunkte des Rahmenkonzeptes, technische Neuerungen und die Entwicklung neuer Bekleidung zeigen, dass das THW sich auf allen Ebenen für die Zukunft rüstet und auch angesichts neuer Herausforderungen weiterhin ein verlässlicher Partner im deutschen Bevölkerungsschutz ist.


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